Spätestens mit 9 Monaten trifft es die meisten HundebesitzerInnen: der Vierbeiner wird erwachsen. Die süße Schnuckeligkeit geht verloren, das gemeinsamen Interessen verändern sich und irgendwie konnte er doch schon mal besser hören? Genau wie beim Menschn fangen jetzt die Hormone an, das Gehirn nochmal umzubauen. Neue Verschaltungen bewirken neue Interessen und kappen die Verknüpfungen, an denen man doch so lange trainiert hatte.
Pubertät ist die Zeit zu der man dachte, endlich kann er alles, was ich je von einem Hund wollte, um dann festzustellen, dass der Spaß jetzt erst richtig beginnt!
Woran erkennt man die Pubertät?
In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres zeigen Hunde immer wieder überraschendes Verhalten. Der Hund entwickelt sich, lernt dazu, verändert sich, baut Erfahrungen ein und muss gleichzeitig mit einem sich ständig verändernden Körper zurechtkommen. Das ist nicht einfach und die Hormone in der Pubertät verstärken das alles nochmal.
- Plötzlich jagt der Hund einem Eichhörnchen hinterher, obwohl er das noch nie gemacht hat.
- Er provoziert den Nachbarsrüden bis zum Streit, obwohl er das noch nie gemacht hat!
- Er pieselt seinen Menschen an, obwohl er das noch nie gemacht hat!
- Sie zickt andere Hunde an und spielt nicht mehr, obwohl sie das noch nie gemacht hat!
Bei plötzliche Verhaltensänderungen sollte man immer aufmerken. In der Pubertät stehen sie oftmals an der Tagesordnung.
Was tun sprach Zeus?
Zuersteinmal ist wohlwollendes und verständnisvolles Nicken angesagt. Für seine Hormone kann der Hund nämlich nicht viel. Erinnert man sich an seine eigene hormongeschwängerte Jugend zurück, sind da vermutlich auch einige Verhaltensweisen über die wir besser nicht sprechen.
Pubertierende Hunde brauchen jetzt mehr denn je ein wenig Verständnis und viel vorausschauendes Management. Verständnis dafür, dass nicht mehr alles zack-zack klappt und manche Dinge etwas länger brauchen, bis sich die Gehirnzellen sortiert haben.
Management, um zu verhindern, dass das Pubertier jetzt lernt, dass es uns vielleicht gar nicht braucht, unsere Worte sinnlos sind und es sowieso bald ausziehen wird.
Genau das passiert nämlich nicht! Während Menschenkinder ab jetzt immer unabhängiger und selbständiger werden und dies auch sollen bis man es nicht mehr aushält und verschiedene Haushalte gründet, kann der Hund nicht gehen. Trotzdem entwickelt er Interessen, die seiner Rasse und seinen Erfahrungen entsprechen. Dies gilt es zu respektieren und zu prüfen, inwieweit sie in das gemeinsame Leben passen.
Eigene Interessen treten verstärkt zutage
Jagdliche Interessen sind in den meisten deutschen Gegenden eher nicht allein erlaubt. Aber gemeinsame Jagdspiele, die diese Interessen kanalisieren, ermöglichen gemeinsame Erlebnisse. Sie stellen die Beziehung auf eine ganz neue Stufe.
Wenn der Rüde ständig testen muss, ob der andere auch Lust auf einen Arenakampf hat, dann braucht er nicht nur Abstand zu gleichaltrigen Mackern für ein paar Wochen. Er braucht auch die Sicherheit seines Menschen, dass er gut so ist wie er ist und das nicht immer beweisen muss. Viel Schimpfen hilft da nicht viel. Dafür aber das Bestärken erwünschten Verhaltens, das Stehenbleiben und ruhige Abwarten bis der junge Bulle sich wieder eingekriegt hat und die Verlagerung seiner Interessen auf Hobby-Angebote, die ich ihm machen kann. Hier kann er sich verausgaben und man verhindert, dass er sich auf dumme Erfahrungen konzentriert, die vermutlich nicht ausbleiben werden.
Auch Hündinnen zeigen verändertes Verhalten
Junge Hündinnen werden das erste Mal läufig und bluten. Während ihre Menschen also verzweifelt versuchen, die interessierten Rüden von den Türen zu vertreiben und den Boden zu wischen, lernt die Hündin dazu. Oft leider, dass man andere Rüden nur durch Aggression vertreiben kann, weil die wie ein Magnet am Hintern kleben. Diese Erlebnisse können dazu führen, dass die Hündin nach der ersten Läufigkeit extrem empfindlich ist wenn andere Hunde ihrem Hintern zu nahe kommen.
Helfen können wir, indem wir schon in der Läufigkeit anderen Hunden eher aus dem Weg gehen. Andere Rüden weghalten und weiterhin nette Kontakte (so es die gibt) ermöglichen. In jedem Fall lieber gar keine Kontakte als doofe Kontakte.
Als Frau weiß ich auch ganz genau, welchen Einfluss die Hormone auf meine Gemütslage haben können. Zickt die Hündin also plötzlich mit der Sandkastenfreundin herum, ist auch hier Verständnis angesagt und erst einmal etwas mehr Management. Ein wenig Melancholie lässt sich mit Sport und Training vertreiben und Kuscheln hat auch noch immer geholfen.
Ruhig bleiben und weitermachen
Auch das Training darf jetzt nicht vernachlässig werden. Das bedeutet, dranbleiben und Anforderungen etwas senken, damit es klappt. Es hilft nämlich so gar nicht, darauf zu bestehen, etwas zu tun, was das Gehirn zur Zeit nicht verarbeiten kann. Und spätesten mit dem dritten Nichtbefolgen hat man sich die ganze schöne Arbeit des ersten halben Jahres versaut.
Also Training unbedingt, aber abgesichert und so dass das Pubertier es mit Freude schafft.
Wenn dein Rüde beispielsweise gerade den Macker macht, weil Prinz von nebenan vorbeikommt, dann wird dein Sitz nicht klappen. Das geht einfach nicht, weil die Hormone Eisenstangen in die Hinterbeine gesteckt haben, die verhindern, dass sich diese beugen. Also lass es gleich. Nimm ihn einfach weg (falls das noch geht) und versuch es 50 m entfernt nochmal.
Am Wichtigsten
Nutze jetzt all die Dinge, die dein Hund neu und interessant findet, um die Zusammenarbeit mit dir zu verbessern. Er leckt gern Hündinnen-Pipi? Naja, dann darf er das halt mal, wenn er vorher zu dir gekommen ist.
Sie findet diese eine Spur hier super spannend? Dann pirscht gemeinsam daran entlang und stoppt zwischendurch mit Sitz und Platz zum gemeinsamen „Beratschlagen“.
Pubertät ist die Zeit, in der man begreifen muss, dass ein Hund kein Sklave sondern ein Partner ist.
Mit ganz eigenen Interessen und doch auch ganz vielen Dingen, die er gern mit dir zusammenmacht. Eine Prüfung für deine Geduld und die Chance, euer Zusammenleben auf ein neues Niveau zu bringen.
Habt Spaß zusammen!