Hund-Hund-Aggression
Seit den 90ern habe ich das Gefühl, dass Probleme zwischen Hunden zunehmen. Kaum eine Woche, in der das Thema Aggression zwischen Hunden nicht in der Hundeschule diskutiert wird. Kaum eine Stunde, in der kein Hund dabei ist, der mehr Abstand braucht. Woran liegt das?
Ich denke ja, dass die damaligen Hundeverordnungen einen erheblichen Anteil daran hatten. Vorher konnten Hunde, die sich selbst überlassen wurden, meist erfolgreich kommunizieren, weil sie viel öfter ohne Leine waren. Sie gingen sich aus dem Weg, ganz nebenbei und ohne großes TamTam.
Seit den Verordnungen ist die Leine fast zum Körperteil eines Hundes geworden. Und sie verhindert erfolgreich sinnvolle Kommunikation. Straffes Festhalten, Eingreifen in die Kommunikation, Stimmungsübertragung von Mensch auf Hund…die Lernquellen sind vielfältig. Und können Hunde nicht ausweichen, reagieren sie lieber präventiv, woraus sich innerhalb weniger Begegnungen eine ordentliche und gut sichtbare Aggression entwickeln kann.
Lass mich bloß in Ruhe!
Heutzutage müssen Menschen viel bewusster lernen, dass auch Hunde nicht jeden Artgenossen mögen und das absolut in Ordnung und normal ist. Oft lernen sie das jedoch erst, wenn der Hund schon seine eigene Schutzstrategie aufgebaut hat, wenn er wieder 50cm am „kuckmal, willstdunichtspielen“ vorbeigehen muss. Und wie man damit umgeht, steht halt auch nicht der Bedienungsanleitung.
Natürlich ist das nicht der einzige Grund. Die Hundehaltung in Deutschland ist auch ohne Hundeverordnungen erheblich anstrengender geworden. Wir leben eng aneinander, viel Freiraum hat kaum ein Hund. Er ist darauf angewiesen, dass seine Besitzer es tagtäglich schaffen nach der Arbeit mit ihm wenigstens 1 Stunde Draußenzeit zu bieten. Und auch das nimmt mit dem Alter des Hundes oft ab. Da sind bestimmte Aufreger eine tolle Abwechslung, die ein wenig Stimmung ins Leben bringen. Wobei ich sicher nicht sagen will, dass Hunde aggressiv werden, um Abwechslung im Leben zu haben. Aber die wenigen adrenalinausschüttenden Situationen verknüpfen sich besser und stärker im Gedächtnis, wenn sonst schon nix los ist.
Hundehaltung extrem
Und ja, auch das wachsende Interesse an Hundetraining hat großen Einfluss, davon bin ich überzeugt. Je mehr du auf deinen Hund achtest und jedes Blinzeln kommentierst und bewertest, desto schneller lernt dein Hund Dinge, die du vielleicht genau damit vermeiden wolltest. Hunde sind ja nicht doof und dein kluger Hund scheint schnell zu lernen, wie er dir Unmengen an Beachtung, Beschäftigung und Belohnung aus den Rippen leiern kann.
Menschen neigen zu Extremen und so gibt es nicht nur viele Hundeschulen und Besitzer, die es nicht schaffen, wegzukommen von sklavischer Unterordnung in der Hundehaltung, sondern mittlerweile auch viele Hundebesitzer und -schulen, die unter dem Label des positiven Trainings Hunde zu nervigen Erregungsbündeln machen, die genau das lernen, was eigentlich vermieden werden sollte. Erregung ist nicht kombiniert mit Stress, Frust und ja, daraus entwickelt sich schnell Aggression.
Klar letztendlich sind es Trainingsfehler, die hier gemacht werden. Nicht zuletzt aber auch Umgangsfehler und meiner Meinung nach auch Fehler im Bewerten von hündischen Bedürfnissen. Und zwar in jeder Richtung.
Webinar Hund-Hund-Agression
Übrigens: wie man den Hund wieder aus dem Brunnen holt, erklärt uns im Webinar Verhaltensmedizinerin Dr. Barbara Schöning. In über 2 Stunden erläutert sie, was zu tun ist bei Hund-Hund-Aggression und beantwortet die individuellen Fragen aus dem LiveWebinar.