Viele Welpen- und Junghundbesitzer kennen das:
Man will in Ruhe das Futter vorbereiten, aber dem Zwerg geht es nicht schnell genug.
Oder man muss sich die Schuhe anziehen, um rauszugehen und der Zwerg kann nicht abwarten.
Bellen, Herumrasen, Nölen, Quieken oder sogar Zwicken sind das Resultat der Aufregung, die den kleinen Hund erfasst hat. Voller Vorfreude, Erwartung und fehlender Impulskontrolle hat er sich nicht im Griff.
Schimpfen ist oft die erste (nicht erfolgreiche) Reaktion
Eine der ersten intuitiven Handlungen, die Hundebesitzende dann oft zeigen, ist Ärger und Schimpfen. Verständlich, denn man möchte das Verhalten rasch unterbrechen. Die Nachbarn könnten sich gestört fühlen, es geht an die eigenen Nerven und Frust steigt bei allen Beteiligten.
Also wird geschimpft. Hat man einen sehr sensiblen Hund kann es anfangs dazu führen, dass er erschrocken ist und tatsächlich aufhört zu fiepsen. Die freudige Erwartung hat sich gerade in Angst und Schreck vor dem Menschen geändert. Allerdings ändert sich die Gesamtsituation nicht und die meisten Hunde sind resilient genug, um sich wieder über das Kommende zu freuen, inklusive dazugehöriger Lautäußerungen.
Wird jetzt weiter gemeckert, geschimpft oder sogar die Schnauze zugehalten, kommt zur freudigen Erwartung jetzt noch Angst und damit steigender Stress hinzu. Das bewirkt über kurz oder lang, dass der kleine Hund noch unruhiger wird. Er weiß nicht, wofür er bestraft wird, denn in der Regel kann er Strafe nicht mit seiner Erregung verbinden. Unangenehmes wird mit zuvor gezeigtem Verhalten nur dann verknüpft, wenn es dem Bestraften bewusst ist.
Quietschen vor Erregung ist den Hunden meist nicht bewusst und daher nicht als Ursache für die Strafe erkennbar. Der Hund versteht also nicht, warum es Stress mit dem Menschen gibt, obwohl er sich doch eigentlich nur auf Kommendes freut. Aber die Erregung aufgrund der Erwartung plus die Sorge vor Ärger mit dem Menschen potenziert sich.
Ein Teufelskreis, den der Klügere durchbrechen muss.
Hunde müssen Impulskontrolle lernen und sie müssen in individuellen Situationen lernen, wie sie diese im Sinne des Menschen meistern können. Ist das gerade nicht zu machen, muss gemanaged werden.
Was übrigens nicht funktioniert, ist es, abzuwarten bis der Hund ruhig ist und dann als Belohnung weiterzumachen. Ruhig sein ist kein Verhalten, was der Hund in diesem Moment schafft oder versteht. Er ist ja aufgeregt und diese Aufregung muss irgendwohin. In den meisten Fällen erhält man mit dieser Methode einen Hund, der massiv bellt, dann 2 Sekunden ruhig ist, sein Leckerchen bekommt und wieder bellt.
Deshalb ist es wichtig, sich ein konkretes Verhalten auszudenken und mit dem ersten kleinen Schritt zu beginnen, dass der Hund bei dieser Erregung schaffen kann. Einen Vorschlag bekommst du jetzt:
So trainierst du deinen Hund, beim Futter zubereiten abzuwarten
Fressen ist für Hunde überlebenswichtig. Da kann die Vorfreude schonmal überschießen und in aufgeregtem Gebell resultieren. Damit der Hund lernt, in Ruhe zu warten und die Sicherheit zu bekommen, dass er auf jeden Fall sein Futter bekommt, muss bringt man ihm bei, wie man in Ruhe wartet.
- Leg dir einen Teil des Futters in Form von kleinen Stücken bereit.
- Schon mit dem Holen des Napfes als Start der Zubereitung, legst du mehrere Leckerchen auf eine Decke, die ca. 2m vom Zubereitungsort entfernt liegt.
- Holt sich dein Hund die Leckerchen, fliegen zu Beginn sofort weitere Leckerchen auf die Decke.
- Bei jeder einzelnen Handlung wie Dose öffnen, Löffel holen, oder Tüte aufschneiden, fliegen Leckerchen auf die Decke. Anfangs sekündlich und unbedingt mehrere, damit dein Hund danach sucht
- Nach und nach wird dein Hund von selbst zur Decke gehen bzw. schauen, ob er eines übersehen hat. Ab sofort fliegt dann ein Leckerchen auf die Decke, wenn er mindestens eine Pfote, besser noch die Nase auf der Decke hat.
- Jetzt kannst du ihn auch hinschicken, bevor du ein Leckerchen hinwirfst.
- Die Zeit auf der Decke wird ausgedehnt und von Mahlzeit zu Mahlzeit wird dein Hund länger gespannt warten für seine Zwischendurchleckerchen bis er es bald schafft, die gesamte Zubereitungszeit auf der Decke zu warten.
So managest du
Manchmal dauert die Zubereitung so lang und der kleine Hund ist zu aufgeregt oder andere Dinge verhindern, dass man üben kann. Dann muss gemanaged werden. Das heißt, dass die Situation so geregelt wird, dass der Hund keine Chance hat, nerven zu müssen.
Man kann mit dem Hund rausgehen, während der Partner das Futter zubereitet. Man kann dem Hund einen Schnüffelteppich oder etwas zum Knabbern geben während zubereitet wird.
Und man kann beides zusammenführen. Zum Beispiel, indem der Hund nicht dabei ist, während Futter gemacht wird. Ist das Futter fertig, darf der Hund rein und wird trainiert, auf der Decke zu bleiben. Schüssel steht also auf der Anrichte. Man nimmt immer ein Bröckchen aus der Schüssel und bringt es zur Decke, bis der Hund selbst auf der Decke bleiben kann.
Dann löst man auf und stellt den Napf zum Fressen runter. So muss der Zwerg nur kurz aushalten, wird gleichzeitig so trainiert, wie er es schaffen kann und lernt dazu.
So trainierst du deinen Hund beim Anziehen abzuwarten
Rausgehen ist oftmals ebenso aufregend, weil es das Highlight des Tages ist. Deshalb können gerade junge Hunde es kaum aushalten, wie lange wir uns anziehen müssen.
Auch hier hilft es, wenn der Hund für ein definiertes Verhalten kleinschrittig belohnt wird.
- Binde ihn in deiner Nähe an, so dass er nicht groß herumwuseln kann
- Bei jeder deiner Bewegungen, also anfangs auch sekündlich, fliegt Futter zwischen seine Beine oder in die Schnüffelmatte vor dem Hund
- Wiederhole das so oft bis dein Hund auf das nächste Leckerchen wartet statt aufs Rausgehen. Je kleinschrittiger du arbeitest, desto schneller kannst du die Zeit ausdehnen bis dein Hund die ganze Zeit warten kann
- Wenn du losgehst, wirf mehrere Leckerchen vor die geöffnete Tür, damit er nicht rausstürmt.
- Sobald er draußen ist, wirf wieder einige Leckerchen auf den Boden, damit er die Nase nach unten nimmt statt loszustürmen.
- Selbst die ersten Schritte kannst du als Leckerchenstrecke bewältigen. Nach und nach werden die Abstände größer und dein Hund schafft es immer besser, mit seiner Erregung umzugehen
So managest du
Wenn aus irgendeinem Grund Training mal nicht möglich sein sollte, dann achte darauf, dass dein Hund nicht dabei ist, wenn du dich gehfertig machst. Er kann in einem anderen Zimmer den Schnüffelteppich absuchen oder ein Öhrchen kauen. Oder du ziehst deine Sachen erst draußen an, während dein Hund schon herumschnüffeln darf.
Vermeide Druck und Stress in Erregungssituationen, denn das steigert selbige nur.
Es ist erfolgreicher, die Situationen so zu gestalten, dass dein Hund sich beruhigen kann und lernt, sich unter Kontrolle zu bekommen. Das funktioniert nicht mit Strafe, wie wir von uns selbst auch kennen. Wenn wir wahnsinnig aufgeregt sind, muss diese Aufregung irgendwohin. Es muss mit ihr umgegangen werden und sie kann nicht einfach unterdrückt werden. Wenn wir das verstehen, können wir auch unseren Hunden viel besser helfen und zeigen ihnen so, dass wir vertrauenswürdige, sichere Partner sind, an denen man sich orientieren kann und bei denen man Sicherheit findet.
Das ist die Grundlage einer guten und erfolgreichen Bindung zwischen Mensch und Hund. Also überwinde deinen Ärger und arbeite mit deinem Hund!
15 Gedanken zu „So lernt dein Hund abzuwarten bis es losgeht“
Sehr schöne Anleitungen!
Gerade den Vorschlag, das Ganze auszusitzen und zu warten bis sich der Hund von selbst beruhigt, bekommt man ja sogar von Profis oft. Und verzweifelt dann, weil es nicht klappt.
Ja, ich erinnere mich, dass vor 27 Jahren meine Hündin immer vor Freude ausgerastet ist, wenn ich das Fahrrad vorgeholt habe. Die gängigen Tipps waren immer: Zurück, wenn der Hund bellt. Die Erregung ist aber so groß, dass sie das gar nicht schaffen können. Also hat sie ein fest definiertes Verhalten gelernt: neben mir bei Fuß mit Blickkontakt laufen bis es losgeht. So musste sie sich konzentrieren und konnte sich ihrer Erregung nicht ergeben 🙂
Danke für diese Tipps! Unsere 3 Fellnasen sind sehr ungeduldig und verfressen.Die älteste Hündin bekommt im seperaten Zimmer ihre Mahlzeiten damit sie nicht gestört wird und in Ruhe fressen kann. Die beiden Kleinen sind jetzt 2 Jahre alt und sollen auf ihrer Decke warten..tun sie auch aber mit heftigen !!! Gebelle,das mächtig nervt. Ich werde also deine Tipps ausprobieren 🙄für weitere wäre ich dankbar 😉
Hallo Petra, das Fressen im extra Zimmer ist oft sehr sinnvoll, wenn die Hunde sonst nicht in Ruhe fressen würden. Gebelle während der Zubereitung geht tatsächlich gar nicht. Sie haben sich vermutlich schon daran gewöhnt und denken, das muss so 🙂
Manchmal reicht es übrigens auch aus, wenn man beim Bellen einfach sofort aufhört, zuzubereiten und erst weitermacht, wenn Ruhe ist. Die erwachsenen Hunde können ja normalerweise auch Impulskontrolle (wenn es nicht noch andere Gründe gibt). Hier geht es also vor allem darum, dem Hund zu vermitteln, dass die Zubereitung ab jetzt anders läuft. Es kann einfacher sein, wenn du mit einem Hund anfängst und der andere erstmal weggesperrt ist. Hat es der eine gelernt, lernt es dann der andere und dann beide gemeinsam. Das gegenseitige Hochpuschen kann sonst das Training kaputtmachen. Dann sollte es aber rasch funktionieren.
Vielleicht noch einen anderen Warteplatz, wenn du neu startest.
Viel Erfolg
Damit es nicht zu Missverständnissen kommt: Es ist ein Unterscheid, ob der Hund gelernt hat, ein Verhalten zu zeigen, weil er denkt, dass das so sein muss (Bellen). Oder ob er bellt, weil er gar nicht an sich halten kann und so aufgeregt ist.
Im ersten Fall kann man durch Strafe (aufhören zuzubereiten) und Verstärkung (weiter zubereiten) das Verhalten formen.
Im zweiten Fall muss man ein neues Verhalten aufbauen, damit der Hund seine Erregung kontrollieren kann, indem er sich auf etwas anderes konzentriert.
Was mache ich im 1.Fall wenn der Hund trotzdem nicht aufhört? Sie lässt sich nicht beruhigen, warten fällt ihr sehr schwer,obwohl ich von Anfang an geübt
Hallo Christa, wenn du richtig trainierst, dann fängst du dort an, wo dein Hund noch gar nicht angefangen hat, zu nerven. Du musst also herausfinden, bei welcher deiner Handlungen dein Hund beginnt, sich aufzuregen und was er stattdessen tun kann.
Fällt es dem Hund viel zu schwer die gesamte Zeit zu üben, dann pack ihn weg , bis du fast fertig bist. Dann übst du wie beschrieben die letzten Handgriffe. Jedes Mal holst du sie dann etwas früher vor Beendigung dazu bis sie die gesamte Zeit über das schafft, was du möchtest.
Viel erfolg
Ariane
Das ist doch keine Impulskontrolle. Der Hund wird sogar noch für seine Aufregung belohnt.
VG Jörg
Hallo Jörg, wenn der Hund für seine Aufregung belohnt würde, würde er ja noch aufgeregter werden. Das passiert aber nicht, sondern er liegt am Trainingsende entspannt da und wartet und kann also seine Impulse kontrollieren = Impulskontrolle.
Die meisten Hunde schaffen das auch ohne Training. Aber es gibt immer mal wieder welche, die das nicht können und bei denen zB Ignorieren oder gar strafen zu noch mehr Erregung führt. Diese lernen auf diese Weise sehr schnell, dass Abwarten sinnvoll ist, sich lohnt und sie entspannen dabei.
Hallo,
Ich hab eine Frage zu dem Hund oben auf dem Foto. Ist das Lucy? Wir mussten unsere Lucy vor Jahren abgeben und der Kontakt ist leider abgebrochen. Diese sieht unserer sehr sehr ähnlich. Ist es eine Mischung aus Schäferhund und cane corso?
Freue mich auf eine Antwort
Grüße M.alic
Hallo Merima,
witzigerweise ist das auch eine Lucy, aber ganz sicher nicht deine. Meine Lucy kam mit 6 Monaten zusammen mit ihrem Bruder aus der Ukraine zu uns. Sie ist eine Mischung aus Schäferhund und Jagdhund und gerade 3 Jahre alt geworden.
grüße
ariane
würde bei der Futter Übung dem Hund das Futter hin bringen und ihn nicht freigeben um zum Futter zu gehen / rennen. damit ich die Erwartungenshaltung minimiere, wann darf ich hin.Wenn das dann auf der Decke funktioniert würde ich auch andere Räumlichkeiten nutzen bis er irgendwann generell liegen bleibt und ihn die Zubereitung des Futtera nicht mehr interessiert.
Das ist eine Möglichkeit, ja. Je nach Situation gibt es noch viel mehr Möglichkeiten. 🙂
Bei der Rausgehübung könnte man auch über das schlüsselreiz Training arbeiten.Jacke anziehen sich auf die Couch setzen und dann Jacke wieder ausziehen.Man muss natürlich vorher beobachten bei welchem reiz der hund in Erregung kommt und diesen dann nutzen.Auch hier solange wiederholen bis dem Hund es egal ist ob ich mir eine Jacke nehme oder die Leine.
Hallo Dominic, danke für deinen Input. Bei manchen Hunden kann das klappen. Ich mache das schon länger nicht mehr, weil man es dann tatsächlich immer weiterführen müsste. Denn wenn man irgendwann damit aufhört, wird es doch wieder ein Schlüsselreiz. Und auch weil es mir zu umständlich ist und wenn man es zu wenig macht, wird es nur noch ein schlimmerer Schlüsselreiz.
Aber zum Glück gibt es immer viele Möglichkeiten, etwas zu verändern. Hauptsache, man fängt an 🙂